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PRESSEMITTEILUNG – INTERVIEW MIT SCOTTGALAN
„Ich bin laut, weil ich zu lange leise war.“
Ein intensives, bewegendes Interview mit dem Musiker und Künstler ScottGalan – über erlebte Gewalt, systemisches Versagen und die unsichtbaren Wunden einer Kindheit im Ausnahmezustand.

Wien, 1. Mai 2025 – Frage der Redaktion: Jessica & Felix (Onlinepresses die Redaktion)

Inhaltsverzeichnis

  1. Warum jetzt? – Über das öffentliche Sprechen

  2. Strukturelle Bedingungen der Fremdunterbringung

  3. Gewalt in der Herkunftsfamilie

  4. Aktivierung des Kindeswohlgefährdungssystems

  5. Erfahrungen in der Pflegefamilie

  6. Der Umgang mit Langzeitfolgen

  7. Ressourcen und Halt

  8. Botschaft an andere Betroffene

  9. Worte an die Täter:innen

  10. Aktporträts als symbolischer Ausdruck

  11. Schule und Bildungsweg

  12. Musik als Überlebenskunst – Ein Gespräch zur Diskografie

  13. Beziehung & emotionale Zugehörigkeit

1. Warum jetzt? – Über das öffentliche Sprechen

Frage der Redaktion (Jessica):
„ScottGalan, warum sprechen Sie gerade jetzt öffentlich über Ihre Geschichte?“
ScottGalan antwortete:
„Weil ich so lange zu leise war. Ich habe mich jahrelang angepasst, in mich gekehrt, als wäre alles in Ordnung. Aber innerlich war ich im Aufruhr. Diese Geschichte ist nicht nur ein Rückblick auf die Vergangenheit – sie ist ein Aufschrei nach Gerechtigkeit, ein Signal an alle, die in ihren eigenen Schatten leben und denken, sie seien allein.“

2. Strukturelle Bedingungen der Fremdunterbringung

Frage der Redaktion (Jessica):
„Welche Umstände führten zu Ihrer Fremdunterbringung?“
ScottGalan antwortete:
„Meine Schwester war zuerst in Obhut, ich folgte kurz darauf. Das Jugendamt und das Familiengericht waren involviert. Unsere Mutter hatte eine einzige Bedingung: Wir sollten zusammenbleiben. Kurz darauf verließen unsere Eltern das Land – es war keine Auswanderung, es war eine Flucht. Eine Verantwortungslosigkeit in Reinform. Wir blieben zurück, ohne eine Möglichkeit, uns zu wehren.“

3. Gewalt in der Herkunftsfamilie

Frage der Redaktion (Felix):
„Welche Art von Gewalt haben Sie in Ihrer Familie erlebt?“
ScottGalan antwortete:
„Körperliche, psychische und emotionale Gewalt. Wir hungerten oft tagelang, unsere Eltern tranken und misshandelten uns. Meine Schwester musste nach einem Übergriff stationär behandelt werden. Diese Gewalt war permanent – in unserer Familie war Angst der ständige Begleiter.“

4. Aktivierung des Kindeswohlgefährdungssystems

Frage der Redaktion (Jessica):
„Wie kam es zur Intervention der Behörden?“
ScottGalan antwortete:
„Es war das Handeln von Nachbarn, die unsere Schreie hörten und die Polizei sowie das Jugendamt riefen. Diese Zivilcourage war entscheidend und lebensrettend. Es folgten unangekündigte Besuche und engmaschige Aufsicht durch Pflegeeltern. Heute weiß ich, dass dieser Eingriff uns vor noch schlimmeren Folgen bewahrte.“

5. Erfahrungen in der Pflegefamilie

Frage der Redaktion (Felix):
„Wie waren Ihre Erfahrungen in der Pflegefamilie?“
ScottGalan antwortete:
„Die Pflege war keine Familie, sie war ein Machtverhältnis. Ich war immer das Problemkind, dem Konflikte zugeschrieben wurden. Einmal versuchte ich, eine Freundin zu besuchen, aber der Pflegesohn, auf Anweisung seiner Mutter, warf mich zu Boden und kniete sich auf meinen Hals. Ich geriet in Panik und verteidigte mich mit einem Metalleimer. Es kam zu einer Anzeige, das Gericht entschied, dass er ohne Berechtigung gehandelt hatte.“

Frage der Redaktion (Jessica):
„Gab es in dieser Zeit auch positive Erinnerungen?“
ScottGalan antwortete:
„Es gab kleine Momente der Freude. Einmal lud ich meine Pflegemutter Regina zum Essen ein – nach McDonald’s. Ich war stolz darauf, dass ich meine Schulden dort abbezahlt hatte. Aber diese Geste wird heute nicht mehr wertgeschätzt. Unsere Gespräche eskalieren schnell, weil sie sich als Heldin sieht, aber nicht in der Lage ist, ihre Fehler anzuerkennen.“

6. Der Umgang mit Langzeitfolgen

Frage der Redaktion (Felix):
„Wie gehen Sie mit den langfristigen Folgen Ihrer Erfahrungen um?“
ScottGalan antwortete:
„Ich habe FASD, leide an Depressionen, Panikattacken und Flashbacks. Jeden Tag kämpfen diese unsichtbaren Wunden in mir. Manchmal fühle ich mich wie in einem Käfig aus Schmerz und Trauer, aus dem ich nicht entkommen kann. Doch in dieser Dunkelheit finde ich Trost in meiner Kunst – in der Musik, die mir hilft, wenigstens einen kleinen Funken Hoffnung zu finden. Ich schreibe auch an meinem Buch, ein Projekt, das mich oft an meine Grenzen bringt. Der Weg zur Veröffentlichung fühlt sich so weit an. Manchmal ist es, als ob mich meine Krankheit immer wieder zurückzieht. Aber ich gebe nicht auf. Ich kämpfe weiter, auch wenn es oft zu viel ist und ich an mir selbst zweifle.“

7. Ressourcen und Halt

Frage der Redaktion (Jessica):
„Gab es in Ihrem Leben helfende Ressourcen oder Lichtblicke?“
ScottGalan antwortete:
„Lady Gaga. Ihre Musik war für mich wie eine Umarmung, als ich das Gefühl hatte, niemand würde mich verstehen. Sie hat mich gesehen, ohne mich zu kennen. Diese Musik war meine Zuflucht.“

8. Botschaft an andere Betroffene

Frage der Redaktion (Felix):
„Was möchten Sie anderen mit auf den Weg geben?“
ScottGalan antwortete:
„Du bist nicht das Problem. Du bist nicht schuld an dem, was dir passiert ist. Halte durch, kämpfe für dich selbst. Werde laut und lass dich nicht zum Schweigen bringen. Du bist würdig.“

9. Worte an die Täter:innen

Frage der Redaktion (Jessica):
„Was würden Sie den Tätern sagen?“
ScottGalan antwortete:
„Ihr bestimmt nicht mehr, wer ich bin. Ihr habt keinen Zugang zu meinem Leben. Schämt euch. Ich bin nicht mehr still – ich werde gehört.“

10. Aktporträts als symbolischer Ausdruck

Frage der Redaktion (Jessica):
„Warum haben Sie Aktporträts veröffentlicht?“
ScottGalan antwortete:
„Lange Zeit fühlte ich mich wertlos, als Mensch, als Körper. Die Aktporträts waren ein starkes Statement – ein Versuch, mich selbst zu zeigen. Ich wollte sichtbar sein, nicht länger nur das Objekt der Blicke anderer. Ich wollte mich als Subjekt präsentieren.“

11. Schule und Bildungsweg

Frage der Redaktion (Jessica & Felix):
„Wie war Ihre Schulzeit?“
ScottGalan antwortete:
„Ein Desaster. Ich passte nicht in das System. Lehrer:innen behandelten uns mit Gleichgültigkeit, oft auch mit Missachtung. Meine Pflegemutter stritt sich ständig mit meinen Lehrer:innen. Ich zog mich zurück und ging nur noch hin, wenn Kunst oder Musik auf dem Stundenplan standen. Alles andere war mir egal.“
„Beruflich wurde ich oft abgelehnt – weil ich unbequem bin, weil ich ehrlich und direkt bin. Aber ich komme damit zurecht.“

12. Musik als Überlebenskunst – Ein Gespräch zur Diskografie

Frage der Redaktion (Jessica):
„Scott, wie begreifst du deine Musik selbst?“
ScottGalan antwortete:
„Musik ist der einzige Weg, wie ich das Chaos in mir ordnen kann. Jeder Track ist ein Spiegelbild meiner inneren Welt. Musik ist nicht einfach ein Hobby für mich – sie ist mein Überlebensmodus.“

Frage der Redaktion (Felix):
„Du hast bereits 17 Veröffentlichungen und arbeitest an neuen Projekten, richtig?“
ScottGalan antwortete:
„Ja. Neue Musik ist in Arbeit. Ich komponiere, produziere und experimentiere. Es gibt immer noch viel zu sagen, und ich will gehört werden. Musik ist mein Weg, das Chaos zu ordnen.“

13. Beziehung & emotionale Zugehörigkeit

Frage der Redaktion (Jessica & Felix):
„Scott, du hast 2012 jemanden Besonderen kennengelernt. Wie erlebst du eure Beziehung heute?“
ScottGalan antwortete:
„Mit einem süßen Lächeln sage ich: Daniel – ja, das ist mein Mann fürs Leben. Es ist nicht immer einfach, aber ich weiß, dass er der Mensch ist, mit dem ich durch alles gehen will. Er hilft mir, die Schatten der Vergangenheit zu ertragen. Ich bin dankbar, ihn an meiner Seite zu haben.“

Website: www.theworld-scottgalan.com
Kontakt & Booking: Onlinepresses die Redaktion

Ein Interview, das die gesellschaftliche, künstlerische und psychosoziale Dimension familiärer Gewalt neu denkt – mit einer Stimme, die nicht mehr schweigt.